Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken.
Bildinfos
- Bild 1: Fränkische Panzerreiter mit Drachenstandarte [AnonymousUnknown author, Karolingische-reiterei-st-gallen-stiftsbibliothek 1-330x400, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons]
- Bild 2: Karolingischer Panzerreiter mit Flügellanze, Rundschild, Steigbügel, Kettenhemd und Spangenhelm (etwa 8. bis 10. Jahrhundert) [ACBahn, Carolingian Warrior, CC BY-SA 3.0]
- Bild 3: Karolinger-Darsteller mit sehr authentizitätsnaher Ausrüstung [Stefan Erdenkäufer, Panzerreiter, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons]
Bauern, Panzerreiter und Co.
Der typische Mensch aus unserer Epoche des Fränkischen Reiches, d.h. zu Zeiten Karls des Großen, war wohl ein höriger Bauer (Quelle1). Da er kein Freier war, war er dem König auch nicht zur Heerfolge verpflichtet. Seine Kleidung war einfach und vermutlich auch eher ungefärbt (naturfarben crèmefarben-beige-braun). Mit dem Begriff "Hörige" bezeichne ich hier immer die Halbfreien - "Laten/Lassen/Liten", die es bei den Franken wie bei anderen germanischen Völkern gab. Unter den Hörigen standen in der Gesellschaft noch die Unfreien, die direkt auf dem Hof des Grundherren arbeiteten, während die Halbfreien meist eigene Höfe bearbeiteten. Die Halbfreien hatten somit eine etwas größere Entscheidungsfreiheit als die Unfreien, mussten dafür aber einem Grundherrn Abgaben leisten ("Zinspflicht"), weil ihr Grund halt dem Grundherren gehörte. Aber alle diese Rechte und Verpflichtungen erscheinen mir sehr schwammig und scheinbar stark von Region zu Region unterschiedlich. So ist auch unklar, ob Unfreie überall noch gewisse Rechte behielten (z.B. das Recht auf Leben), oder ob sie wie Sklaven behandelt werden durften, die z.B. von ihrem Herren grundlos getötet werden durften.
Die meisten Kämpfer im Heerbann (Aufgebot eines fränkischen Gaues, das für einen Feldzug des fränkischen Königs gestellt werden musste) waren freie Bauern, die ähnlich einfach wie die hörigen Bauern lebten. Sie verwendeten für den Krieg einfach dieselben Mittel wie im Arbeitsalltag. Das bedeutet, dass sie auch in der Schlacht meist nur die übliche fränkische Kleidung (und keine Rüstung) trugen, und dass sie als Waffen nur das besaßen, was sie auch als Werkzeug bei ihrer täglichen Arbeit verwendeten, d.h. Äxte, Holzstangen, Dreschflegel usw.. Daneben gab es am Königshof und in den Gauen auch Panzerreiter2, die zumindest semi-professionelle Krieger waren. Wie der Name nahelegt, waren sie prinzipiell mit Pferden unterwegs. Scheinbar haben aber auch diese Panzerreiter hauptsächlich abgesessen gekämpft (also zur Schlacht hinreiten, am Anfang auch mit Pferd und Lanze in die gegnerischen Reihen hinein, aber dann zu Fuß weiterkämpfen). Zunächst waren es Teilzeit-Krieger – sie wurden in Kriegszeiten von ihren Gauen zum königlichen Heerbann aufgeboten und von den nicht eingezogenen Bauern und Hörigen ihrer Umgebung bei ihrer Ausrüstung und Lebenshaltung unterstützt. Als Gegenleistung mussten die anderen Bauern nicht dem Heerbann folgen (Karl bestimmte in seinen Kapitularien für eine Heeresreform 807, dass jeweils 3 Hufen - später 4 Hufen, was ca. 4 Kleinstbauern entspricht, gemeinsam einen Krieger aufbieten müssen http://www.schmittroth.de/geschichte/burgen/ritter.html). Daraus entwickelten sich im Laufe der Zeit professionelle Reiter (--> die Ritter), die von den umliegenden (inzwischen zu ihren Hörigen gewordenen) Bauern Abgaben erhoben, um sich ausrüsten aber auch ernähren zu können. Wer etwas mehr Land besaß, konnte sich bessere Kleidung und bessere Rüstung leisten, z.B. eine Flügellanze und einen Schild (relativ preisgünstig - siehe Preistabelle in Sonstiges). Nur ein Teil von diesen konnte sich ein Schwert und ein noch kleinerer Teil eine teure Rüstung leisten (mehr Stahl und mehr Schmiedearbeit nötig). Dazu gab es natürlich auch größere Bauern (bis zu ganz großen) mit vielen Hufen Land, die sich eine bessere Ausrüstung leisten konnten und auch stärker in die (Wehr-) Pflicht genommen wurden. So musste, laut erwähnter Kapitularien, jeder Bauer mit mindestens 12 Hufen Land dem Heerbann als Panzerreiter gerüstet (d.h. mit Brünne und Helm) zur Verfügung stehen (http://www.zeno.org/Geschichte/M/Delbr%C3%BCck,+Hans/Geschichte+der+Kriegskunst/3.+Teil.+Das+Mittelalter/1.+Buch.+Karl+der+Gro%C3%9Fe+und+seine+Nachkommen/1.+Kapitel.+Karl+der+Gro%C3%9Fe/Bewaffnung+und+Taktik).
Eine nicht gänzlich geklärte Rolle spielten königsfreie Bauern. In manchen Quellen werden diese den normalen Freien gleichgesetzt, in anderen steht, dass sie ein besonderes Treueverhältnis zum König hatten. Ich gebe hier mal die zweite Interpretation wieder: Königsfreie sind dem König zu besonderer Treue verpflichtet und müssen deshalb verstärkt Heeresdienst leisten. Manchmal taucht für sie der Begriff Königsbauern auf, aber teilweise wird dieser Begriff nur für die Verwalter der fränkischen Königsgüter und -höfe verwendet. Im Regelfall hatten diese Bauern wohl ihr Land vom König erhalten, durften es aber an ihre Nachkommen vererben. Insbesondere in den Grenzmarken wurde diese Methode verwendet, um fränkische Bauern (u.a. als Wehrbauern rund um Königsgüter) anzusiedeln. Aber auch im Kernland gab es solche Königsfreien. Durch ihr besonderes Verhältnis zum König hatten sie etwas größere Güter mit Knechten/Halbfreien/Hörigen, die für sie schuften mussten. Ihre Abgaben, den Königszins, lieferten sie gänzlich dem König ab, während bei den Abgaben der anderen Bevölkerung der Graf ein Drittel einbehalten durfte.
Weiterhin gab es im Heer des fränkischen Königs noch weitere Berufskrieger, nämlich die Leibwachen des Königs und der Gaugrafen und Adeligen. Die Leibwache des Königs wurde als Scara francisca (die "Schar") bezeichnet wird. Es waren gut gerüstete professionelle Panzerreiter, die in Hundertschaften organisiert waren und den König auf seinen Feldzügen begleiteten sowie zur Wahrung der Ordnung an mehreren Orten des Reiches stationiert waren.
Etwas Kultur
Wenn Du einen Mainstream-Franken darstellen willst, dann musst Du leider eine Eigenschaft bei Deinem Charakter rausstreichen: Lesen und Schreiben. Sogar so mancher Graf konnte weder das eine noch das andere, und erst recht die Bauern nicht. Lesen und Schreiben lernte man - wenn überhaupt - dann nur in den Klosterschulen. Entweder als angehender Mönch oder (gegen Bezahlung) als "normaler" Schüler. Karls d.Gr. Chronist Einhard war z.B. ein solcher Klosterschüler gewesen (er war kein Mönch, wie manchmal dargestellt, sondern Laienabt und auch verheiratet). Wie Einhard sandten einige Adelige ihre Söhne auf solche Klosterschulen, da unter den Karolingern Bildung nicht mehr als totale Zeitvergeudung (wie noch unter den Merowingern) galt. Der Aufschwung war so prägnant, dass dafür sogar der Begriff "karolingische Renaissance" verwendet wird. Aber als hyper-sinnvoll sahen die meisten dieses Rumgekritzel dann doch noch nicht an, so dass es ein Fähigkeit von wenigen blieb.
In der Bildungsreform Karls gab es einige Aktivitäten, von denen wir heute noch etwas haben. Beispiel: wenn Ihr mal in Rom oder sonstwo originale römische Inschriften angekuckt habt, ist Euch vielleicht aufgefallen, dass hier nur Großbuchstaben verwendet wurden. Zwar entstanden gegen Ender der Antike auch Kleinbuchstaben, aber ihr heutiges Aussgehen haben wir Karl zu verdanken - sie stammen von der karolingischen Minuskel ab. Ebenso verdanken wir dieser Schriftreform unsere Satzzeichen.
Infoquellen
Kit guides bzw. Abbildungen zur Ausrüstung allgemein (auf einzelne Ausrüstungsteile spezialiserte Seiten verlinke ich bei der jeweiligen Ausrüstung - z.B. bei den Waffen):
- Karolingisch-Fränkisch3
- Hiltibolt4 (auch https://hiltibold.blogspot.com/2014/06/karl-der-groe-macht-kunst-schatze-und.html)
- Projekt Karolinger5
- Tribur6
- Facebook-Gruppe Francia orientalis7
- Hier eine Sammlung aller möglicher Bilder (insbesondere von Panzerreitern) auf Facebook: https://www.facebook.com/pg/Frueh-Mittelalter-in-Deutschland-Early-medieval-in-Germany-996534083749596/photos/?tab=album&album_id=1020567588012912
Fundstücke
Folgende Seiten habe ich mir erst mal hier eingetragen, um sie noch selbst durchzulesen:
- https://www.tempus-vivit.net/bibliothek/buch/karls-franken
- https://www.tempus-vivit.net/taverne/thema/Ruestung-eines-fraenkischen-Panzerreiter-um-800
- https://www.geschichtsforum.de/thema/fraenkische-panzerreiter.3157/
- https://www.geschichtsforum.de/thema/armee-der-franken.23127/
- https://www.geschichtsforum.de/thema/die-fusstruppen-karls-des-grossen.15712/
- ⎗ Wikipedia-Fränkisches-Reich : https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%A4nkisches_Reich
- ⎗ Wikipedia-Panzerreiter :
- ⎗ Karolingisch-fränkisch Webseite : https://www.karolingisch-fraenkisch.de (derzeit leider off-line)
- ⎗ Hiltibolds Kleidung : https://hiltibold.blogspot.com/2012/11/meine-kleidung-des-fruhen-mittelalters.html
- ⎗ Projekt Deutschritter: Oberbekleidung : https://www.projekt-deutschritter.de/oberkleidung-fruehmittelalter/
- ⎗ Tribur-Wehrgehänge : http://www.tribur.de/blog/2011/12/19/zum-karolingischen-wehrgehange-inkl-pdf-zum-aktuellen-wissenschaftlichen-stand/ und weitere Seiten von Triburs Blog
- ⎗ Francia Orientalis : https://www.facebook.com/Francia-orientalis-163657917158184/