In Kürze:
- meine persönliche Vermutung: lamellenartige stählerne Beinschienen (ist aber Spekulation)
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Bildinfos
- Bild 1: meine Beinschienen von Mytholon (bin mit ihnen aber nicht zufrieden und empfehle sie deshalb auch nicht)
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Zuallererst: vermutlich hatten nur sehr wenige Franken überhaupt Beinschienen. Im Folgenden bewege ich mich auf dünnem Eis: es gibt scheinbar keine Fundbelege für Beinschienen (hier ist eine ausführliche Diskussion dazu). Andererseits berichtet Notker Babulus in seinen Gesta Karoli magni imperatoris von eisernen Beinschienen (Quelle), und zwar dass sie "auch beim ganzen Heer immer aus Eisen im Gebrauch waren". Wie bei seiner Beschreibung des angeblich komplett eisernen Schildes übertreibt Notker hier zweifelsfrei. Aber in jeder Übertreibung steckt auch immer ein wahrer Kern, und das dürfte hier sein, dass es tatsächlich eiserne Beinschienen gab (immerhin hatten bereits die Hebräer, die Griechen und die Römer viele Jahrhunderte früher Beinschienen getragen).
Weiterhin verzeichnet die Lex Ribuaria1, dass ein Paar Beinschienen sechs Solidi kostet – so viel wie sechs Kühe (siehe Sonstiges)! Wenn man das mit dem Preis für einen stählernen "verzierten" (sic) Helm vergleicht (ebenfalls sechs Solidi), kann man davon ausgehen, dass auch die Beinschienen stählern sein müssen. In den Jahrhunderten nach Karl dem Großen wurden zumindest bei den Warägern/Rus im Osten lamellenartige Beinschienen verwendet. Für mich ist das somit Kandidat Nr. 1 auch für fränkische Krieger. David Nicolle2 vertritt übrigens dieselbe Meinung: "... splinted iron vambraces and greaves of the type found in early medieval Scandinavian graves."
Jetzt kommt noch mehr Spekulation: ich könnte mir aber auch vorstellen, dass stattdessen aus einem Stahlstück getriebene gewölbte Beinschienen verwendet wurden (so wie die römischen, nur unverziert). Diese Technik mussten fränkische Schmiede auch zur Herstellung von Helmen verwenden – sie ist also nicht ganz aus der Welt – das wäre für mich ein möglicher Kandidat Nr. 2. Oder möglicherweise dann doch Beinschienen aus Leder - aber warum kosten die dann ganze sechs Kühe?
Auch Tribur hat sich (wie immer sehr sorgfältig) das Thema Beinschienen angeschaut. Er kommt zum Schluss, dass eventuell eisenbewehrte Stiefel verwendet wurden (aber wohl nur von sehr wenigen wohlhabenden Kriegern), oder man schob sich die Eisenlamellen hinter seine Wadenwickel (wie bei Fußballstulpen).
Vom Großen Heer (Wikinger) werden übrigens die folgenden Schienen sehr empfohlen:
- ⎗ Lex Ribuaria : https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb5/prof/ZIV002/WS08_09/RechtsgeschichteWS08_09/Volksrechte.doc
- ⎗ Buch-The age of Charlemagne : David Nicolle, Angus McBride: "The Age of Charlemagne", Osprey Men-at-Arms Series, 1984.