In Kürze:
- Spangenhelm, Bandhelm oder Kammhelm
- immer mit Wangenklappen und Nackenbrünne oder mit umlaufender Brünne (sogar bis unter die Augen)
- ggf. auch mit Nasal
- kein Brillenhelm (das ist Wikingerzeug)
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Bildinfos
- Bild 1: Goldener Spangenhelm aus dem Grab des Frankenfürsten Arpvar (um 500 n. Chr.) von Krefeld-Gellep [Juschki, FürstHelm, CC BY-SA 3.0]
- Bilder 2 - 4: mein eigener Helm (bei Bild 4 war noch kein gescheiter "Pferdeschweif" dran)
Mehr Details
Um das Jahr 800 sind Bandhelme und Spangenhelme vom Typ Baldenheim noch realistisch - auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt schon leicht veraltet sind (ggf. mit einer kleinen Spitze - siehe Beispiel, wer will kann hier auch noch einen Pferdeschweif an der Spitze befestigen). Allerdings sieht man am Testament des Eberhard von Friaul, dass Waffen und Rüstung über Generationen vererbt wurden (siehe z.B. einen Beitrag auf Tribur.de). Up-to-date um 800 waren aber Kammhelme, wo ein Kammblech nur noch zwei Helmhälften miteinander verbanden - das war schmiedetechnisch schwieriger als die alten Helme. Die Gruppe von Helmen Stromovka/Gnezdovo I etc. gehören zu diesem Typus. Sie wurden zwar weit östlich des Fränkischen Reiches gefunden, aber es wird davon ausgegangen, dass die "moderne fränkische Technologie" sich allmählich immer weiter ausbreitete - insbesondere bis ins verbündete Königreich Mähren. Man kann hier ungefähr 50 Jahre annehmen zwischen dem Auftauchen einer neuen Technologie im Kernland der Franken, bis sie sich dann auch in Mähren durchsetzte (das kann man u.a. anhand von Schwerttypen bestimmen). Insofern kann der Stromovka/Gnezdovo I/etc.-Kammhelm-Typ realistisch für das Jahr 800 im fränkischen Kernland sein.
Dieser besitzt Nasale. Mein alter Wissenstand war immer gewesen, dass die Franken keine Nasale hatten (eigentlich dumm, oder)? Aber durch die Blogbeiträge auf Tribur.de und eine ausgiebige Diskussion in einer Chat-Gruppe von Karolinger-Darstellern inclusive Markus Zwittmeier von Tribur.de wurde ich auf diesen Helmtyp aufmerksam gemacht und auf noch etwas: es gibt keinerlei Funde von fränkischen Helmen ohne Wangenklappen. Es gibt nur jede Menge Abbildungen (in den Psaltern) von fränkischen Kriegern ohne Wangenklappen und ohne Helmbrünne.
Unsere WhatsApp-Diskussion ergab, dass hier vermutlich absichtlich etwas anderes gezeichnet wurde als die Realität. Das ist so wie in Ritterfilmen: da trägt seltsamerweise der Titelheld meist keinen Helm, während alle andern einen aufhaben. Der Grund ist ganz einfach: man soll sein Gesicht sehen können. Und wir vermuten, dass es in den fränkischen Psaltern ganz genauso war. Denn es wäre Schwachsinn gewesen, vor 800 Helme mit Wangenklappen zu tragen (so dass die Kopfseiten geschützt sind - es gibt auch mehrere Funde von solchen Helmen mit Wangenklappen), dann um 800 keinen seitlichen Schutz zu haben, und dann irgendwann nach 800 wieder eine umlaufende Helmbrünne zu haben. Das bedeutet: es gab immer entweder Wangenklappen (vermutlich mit Nackenbrünne, d.h. Kettengeflecht als Nackenschutz) oder eine umlaufende Brünne. Bloß der reine Helm (ohne seitlichen Schutz) wurde vermutlich nie getragen - außer wenn wirklich nicht genügend Geld dafür da war.
Genau so ist es mit den Nasalen: es gab vermutlich einfach welche, und auf manchen Bildern sind sie sogar dargestellt. Im Leidener Maccabäer-Codex. F. 9r (allerdings erst aus dem Jahr 925) sieht man bei dem gestürzten Krieger in der Bildmitte sogar das Häkchen an der Spitze des Nasals, in den die umlaufende Brünne vor dem Mund eingehakt wurde.
Ich würde übrigens abraten von einem morion-artiger Kammhelm (wird manchmal auch mit einem offenen Schaller verglichen - siehe Beispiel). Der ist vemutlich in den Psalterbildern eine rein antikisierende Fiktion.
Materialstärke der Stahlbleche: 2 mm scheint nahe an den Originalhelmen zu sein (wobei diese nicht so schön gleichmäßige Materialstärken hatten). Gewicht: incl. Inlay, aber ohne Wangenklappen und ohne Nackenschutz ca. 2 kg. Mein aktueller Helm vom Typ Baldenheim mit Inlay, Wangenklappen und Kettengeflecht im Nacken wiegt 4,7 kg, und das ist sehr unangenehm schwer.
P wie Pragmatisch
Echte Pferdeschweife sind ganz schön teuer. Ich habe mir deshalb stattdessen eine künstliche "Pferdeschwanz - Haarverlängerung" gekauft. Hier gibt's auch Infos zur Befestigung eines (echten oder falschen) Pferdeschweifes.
Bezugsquellen
Shops:
- https://www.ruslana.com.pl/en_US/p/Helmet-from-Gnezdovo%2C-type-I-Bojna%2C-Prague-Kievan-Rus%2C-Great-Moravia-IX-X-century/119
- https://truehistoryshop.com/shop/helmet-gnezdovo-1/ (man sollte hier mit Brünne bestellen; die haben noch andere interessante Band-, Spangen- und Kamm-Helme, z.B. den von Trivières)
- https://www.living-history-market.com/store/Kozel-helmet-9-10th-century-p442579104 (und weitere geeignete Helme)
- https://www.outfit4events.de/eur/produkt/13391-konischer-nasalhelm-mit-kurzer-kettenbrunne-m-1-3mm-gauge-17-geburstet-matt-lederinlett-sog-fallschirm-mit-kettenbrunne
- https://avalon-mittelalter.com/norman-helm-nasalhelm-2296.html
- https://maximarmouries.com/collections/viking-helmets/products/medieval-spangen-helmet
- https://www.melbar.eu/Mittelalter-Shop/Ruestungen/Helme-Shop/Spangen-Nasalhelm-mit-Kettenbruenne_M2TW6737.html
- http://www.tomala.lublin.pl/index.php?strona=subcat&subctgr=10&lng=eng
- der folgende ist meiner: https://www.battlemerchant.com/spangenhelm-mit-wangenklappen-und-bruenne-2-mm-stahl (Hersteller ist Ulfberth; auch hier: http://www.mareg.net/spangenhelm-mit-wangenklappen-und-bruenne). Ich muss aber sagen, dass er ziemlich schwer und unbequem ist. Um die Bequemlichkeit zu erhöhen, habe ich die Kalotte innen mit (gekräuseltem) Rosshaar gefüllt.
- Bauen leider aktuell keine Helme mehr: http://die-ritterschmiede.de/Cavaliere-fabbro---Die-Ritters/Elmi-Spade-da-combattimento/elmi-spade-da-combattimento.html